Der Bundestag hat in erster Lesung über die Gesetzesvorhaben des Gesundheitsministers beraten. Ich hatte ( im Dezember im Krankenhaus liegend) Zeit, mir das anzuhören:
TERMINVERGABE: Das Gesetz soll vorschreiben, dass Ärzte künftig 25 h Sprechstunden wöchentlich, davon 5 ohne Termin, anbieten. Wir haben auch ohne neues Gesetz seit Jahrzehnten mind. 32,5 Stunden im Angebot.
Ob die Einführung von Sprechstunden OHNE TERMIN für unsere Patienten ein Vorteil wäre, wage ich zu bezweifeln. Wir haben mit unserem System durchschnittliche Wartezeiten unter 10 Minuten, schneller geht es kaum. Sprechstunden ohne Termin bedeuten nach Aller Erfahrung: Alle kommen am Anfang und wer Pech hat wartet 5 Stunden. Wer will das?
Wir werden weiter Arbeiten wie bisher: Wir halten JEDEN TAG genug Termine frei um bei „normalem“ Aufkommen alle Notfälle noch am selben Tag MIT TERMIN, also ohne Wartezeit, behandeln zu können. Klappt nicht bei jeder Grippewelle, aber meistens.
Die Termine bekommt man telefonisch oder durch unsere ONLINE Anmeldung auf www.klingerplatz.de und künftig (wenn das Gesetz in Kraft ist) auch 24 Std. täglich an 365 Tagen im Jahr durch die erweiterten Terminservicestellen der Krankenkassen.
TERMINSERVICESTELLE
Die gibt es für Facharzttermine beim Spezialisten in Niedersachsen schon lange, wurden aber nach anfänglich guter Arbeit durch die Facharztdominierte Kassenärztliche Vereinigung personell so ausgedünnt ( weil viele Kollegen ihre Termine nicht fremdbestimmt vergeben wollten) das das System nur schwer erreichbar war und zunehmend ineffektiv. Wir hoffen, daß die Funktion dieser Terminservicestellen nach Umsetzung des Gesetzes (GEDULD, lieber Leser!) deutlich besser wird, zumal dann auch Termine beim Hausarzt (also bei uns) und beim Psychologen darüber vergeben werden sollen.
PSYCHOTHERAPIETERMINE
Ein großes Problem, das auch durch das neue Gesetz so wie es in erster Lesung vorgestellt wurde NICHT gebessert werden wird. Vorgesehen ist, dass der schwer depressive Patient eine anonyme Stelle anruft, seine Beschwerden schildert (schon diesen Schritt schafft der schwer Depressive gar nicht!) , dieser Fremde dann eine Dringlichkeit festlegt und an einen Psychotherapeuten verweist.
DAS GEHT BESSER! Genaugenommen haben wir ein gut funktionierendes System in Niedersachsen schon, Leider nur für die AOK Nds. Versicherten, die berufstätig sind.
Es baut auf einem Gespräch mit dem Hausarzt auf, der mit Hilfe eines standardisierten Fragebogentests (PHQ-9) die schwere der Behandlung ermittelt. In schweren Fällen organisieren wir (in dem Fall bei uns meist Frau Schmidt) dann innerhalb nur eines Arbeitstages zusammen mit der Krankenkasse einen ersten Vorstellungstermin bei einem Facharzt bzw. Diplompsychologen und die Behandlung kann innerhalb von 14 Tagen beginnen.
Dieses Verfahren berücksichtigt, dass es gerade den schweren Fällen gar nicht möglich ist, sich ans Telefon zu setzen und einem Psychotherapeuten hinterher zu telefonieren.
Und es berücksichtigt ein in der Unfallmedizin seit Jahrzehnten erfolgreiches Verfahren, die „Triage“: Dort , wo die Hilfskapazität begrenzt ist, muss vorsortiert werden damit denen, die es am meisten benötigen, als erstem geholfen wird.
Stellen Sie sich einen Busunfall mit 100 Verletzen vor und es gibt einen Krankenwagen und einen Arzt für Alle. Dann teilt der Notarzt zunächst die Verletzen in 3 Gruppen (daher Triage) -(leicht- mittel-schwer) ein um die Behandlungsreihenfolge festzulegen.
Auf die Psychotherapie übertragen bedeutet das, daß der Selbstmordgefährdete selbstverständlich dringender und schneller behandelt werden muss als ein Patient mit leichter Befindlichkeitsstörung.
Schlecht am AOK System ist eigentlich nur die Beschränkung auf aktuell Berufstätige, somit können Schüler, Arbeitslose oder Rentner NICHT davon profitieren.