Irgendwie war die Medizin früher einfacher: Man hatte was oder man hatte nix. Beispiel Knochenmark: Es gibt eine bösartige Erkrankung namens Plasmozytom die hatte man (selten) oder nicht ( in den meisten Fällen) Heute können wir dank differenzierter Diagnostik Veränderungen so früh erkennen, dass es eigentlich ZU früh ist, eine genaue Diagnose zu stellen. Das heißt dann MGUS (Monoklonale Gammopathie unbestimmter Signifikanz) oder so und bedeutet dass da was ist, wir aber nicht wissen ob es eine Bedeutung hat. Da muss man dann als Arzt jahrelang Kontrollen durchführen ohne dass der Patient Beschwerden hat um den Ausbruch einer Erkrankung nicht zu verpassen, die vielleicht nicht kommt. Man muss aber dem Patienten sagen, was los ist und dieser ist dann unvermeidlich beunruhigt.
Ähnlich ist es bei den Volkskrankheiten: Bisher hatte man Zucker oder nicht. Heute gibt es eine Zwischenerkrankung namens gestörte Glucosetoleranz, die man nach den gültigen Definitionen mehr als der Hälfte der über 60 jährigen bei uns zuordnen kann. Noch komplizierter ist es beim Bluthochdruck: Da gibt es nach den gerade publizierten europäischen Hypertonie-Leitlinien jetzt sogar 4 Stufen: Wem sonst nichts fehlt für den gilt: unter 140/90 ist niedriges Risiko , ab 180/110 ist höchste Gefahr für Herzinfarkt und Schlaganfall. Dazwischen gibt es aber noch die Stufen 140-159/90-99 (leicht erhöhtes Risiko) und 160-179/100-109 (erhöhtes Risiko) .
Für Sie, liebe Patienten bedeutet das in erster Linie , dass es nicht gleich furchterregend ist, wenn der Blutdruck mal etwas über 140 systolisch gemessen wird. Entscheidend ist der Durchschnitt der Messwerte über den Tag, der am sichersten über eine 24 Stunden Blutdruckmessung ermittelt werden kann.
Wenn allerdings noch ein oder mehrere Risikofaktoren ( wie Rauchen, Diabetes oder schwere Fettstoffwechselstörungen) hinzukommt, steigt das individuelle Risiko weiter.
Was kann man dann tun? Bei Menschen, die bereits einen Schlaganfall hatten, hat man das genau untersucht. Die hier gefundenen Empfehlungen lassen sich sicher auch auf gesunde Menschen übertragen, die ihr Risiko senken wollen:
1. Blutdruck behandeln lassen ( Ziel: unter 140/90)
2. Fettstoffwechsel behandeln (falls krankhaft)
3. Op der Halsschlagader bei starken Verengungen (*1)
4. GAANZ wichtig: Lebensstil verändern.
Ferner: bei bewiesener Arterienverkalkung oder Vorhofflimmern und nur auf ärztlichen Rat: Blutverdünner wie z.B. ASS oder Marcumar.
Zum neuen Lebensstil gehört: Rauchen aufgeben, körperliche Aktivität (das ist schon ein Spaziergang von einer Stunde) an mehr als 4 Tagen pro Woche, Verzicht auf gehärtete Fette (siehe unten!) weniger rotes Fleisch, weniger Alkohol, weniger Zucker und Süßstoff, keine Zuckeraustauschstoffe wie Fructose, mehr Obst, Gemüse, Vollkornprodukte.
Bisher galten Pflanzenfette als gut, tierische Fette als schlecht. Das stimmt so nicht mehr: Milchfett (in Butter, Käse, Milch, Joghurt usw.) ist ähnlich gesund wie gute Pflanzenfette (z.B. Keimöl oder Olivenöl). Tatsächlich gefährlich sind gehärtete Fette, wie sie in billigen Margarinen (steht im Kleingedruckten!) und besonders zum frittieren verwendet werden. Also HÄNDE WEG VON POMMES und anderen frittierten Lebensmitteln und Fertigprodukten, die gehärtete Fette enthalten!
(*1) hierzu ist Frau Dr Wagner künftig eine sehr erfahrene Ansprechpartnerin, denn Sie hat ihr Doktorarbeit genau über dieses Thema geschrieben!