Zum Jahresende machen sich die Krankenkassen, allen voran die AOK , daran, die Häufigkeit von Operationen zu kritisieren und die Indikationen infrage zu stellen. Am 8.12. wird in einem Bericht der HAZ ausgerechnet, dass für die Kosten einer einzigen WirbelsäulenOP ein Patient 100 Jahre konservativ behandelt werden könnte. Unterschwellig wird behauptet, es würden bei uns zu viele Hüften und Kniegelenke operiert.
Hierzu folgende Anmerkungen: Es ist richtig, dass die konservativen Behandlungen gerade von Rücken- Knie- und Hüfterkrankungen wenn richtig eingesetzt Operationen verhindern können. Es waren aber die gesetzlichen Krankenkassen, die mit rigiden Verordnungsmassregeln und Regressen für verordnende Ärzte dafür gesorgt haben, dass sinnvolle Behandlungsmassnahmen zahlenmässig beschränkt wurden und oft nicht ausreichend verordnet werden können. Bei uns gibt es nur für Privatpatienten keine Mengenbegrenzung in der Verordnung von Krankengymnastik, Massagen und Co.Abbildung: Hüftgelenksarthrose schematisch und röntgenologisch
In einigen europäischen Vergleichsländern wie z.B. Großbritannien werden Hüftoperationen nur bis zu einem bestimmten Alter bezahlt, wer 85 ist, bekommt kein neues Hüftgelenk mehr egal wie fit er/sie noch ist und egal welche Beschwerden vorliegen. Das kann es ja wohl auch nicht sein! Gleichzeitig kennen wir keinen Patienten, der unnötigerweise ein neues Knie oder eine neue Hüfte bekommen hat. Hier ist es immer der schmerzgeplagte, gehbehinderte Patient, der nach einer Lösung sucht. Nach unseren Beobachtungen bei unseren eigenen Patienten sind es oft wir, die den Patienten dazu raten, sich operieren zu lassen. Wohl dem, der einen Hausarzt hat ( und diesen dazu auch befragt!), der ihn unabhängig von wirtschaftlichen Interessen beraten kann!
Anders sieht es bei Operationen aus, die merkwürdigerweise in der öffentlichen Diskussion gar nicht erwähnt werden: In dieser Praxiszeitung war schon vor Jahren zu lesen, daß bestimmte operative Eingriffe am Kniegelenk ( z.B. Knorpelglättungen) langfristig nicht zu einem besseren Ergebnis führen als Krankengymnastik.
Der Verbrauch von Nitraten bei Durchblutungsstörungen des Herzens ist in den letzten 20 Jahren massiv zurückgegangen, weil bei uns mehr als anderswo durch Herzkatheter die Verstopfungen der Kranzgefässe aufgeweitet werden und es gar nicht mehr zur Angina Pectoris kommt. Das verbessert die Lebensqualität der Patienten, kostet aber (viel mehr) Geld. Entscheiden Sie selbst, was Ihnen da lieber wäre…
Und es werden nach unserer Beobachtung eindeutig zu viele Staroperationen bei grauem Star durchgeführt. Der graue Star ist in den allermeisten Fällen eine langsame, milchige Eintrübung der Linse des Auges, die keine weiteren Folgen hat. Man muss also keinesfalls VORBEUGEND operieren, solange der Patient noch gut sehen kann. Genau das scheint aber immer öfter das Ergebnis augenärztlicher Beratung zu sein. Bei mir war neulich eine 91 jährige Patientin, die keinerlei Sehstörung hat und der jetzt zu einer StarOP geraten wurde. Den Termin haben wir gleich mal abgesagt. Faustregel: Wer noch gut ( mit oder ohne Lesebrille) Zeitung lesen kann und nicht geblendet wird, wenn er nach draussen geht, muss (noch) nicht am grauen Star operiert werden. Nur wenn die OP extrem hinausgezögert wird, können Verhärtungen an der Kapsel die OP erschweren.
In jedem Fall sollte der Arzt immer einen guten und nachvollziehbaren Grund nennen können, warum er Ihnen JETZT zur Op rät. Und er sollte selbstverständlich darüber dem Hausarzt schriftlich berichten, sodass dieser den Patienten unabhängig seine zweite Meinung geben kann.