…heißt ein in diesen Tagen in den Medien vielbesprochenes Buch der Medizinstudentin Giulia Enders, das allen zur Lektüre empfohlen wird, die ihr Haupt-Verdauungsorgan besser verstehen lernen wollen. Immerhin lernen wir daraus unter Anderem, dass sich im Darm mehr Nervenzellen befinden als im Gehirn. Und -ACHTUNG! – dass in jedem Menschen mehr Darmkeime leben als es Menschen auf der Welt gibt.
Aber auch die Wissenschaft befasst sich zur Zeit sehr intensiv mit dem Verdauungsorgan. Schon vor etwa einem Jahr konnte gezeigt werden, daß die Zusammensetzung der Darmflora offenbar einen entscheidenden Anteil an der Entstehung von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wie Colitis Ulcerosa, Morbus Crohn und mikroskopischer Kolitis hat. Hier ist bemerkenswert, dass von den geschätzt etwa 3000 verschiedenen Spezies von Darmkeimen zur Zeit nur etwas mehr als 20 im Standardlabor untersucht und nachgewiesen werden können. Somit verfügen wir gar nicht über Methoden, die genaue Zusammensetzung des Stuhles zu untersuchen.
So gingen Wissenschaftler einen anderen Weg: Man nahm den Stuhl von Gesunden, bereitete ihn so auf, dass er leicht flüssig wurde und führte diese Zubereitung über einen Einlauf in den Darm von Colitis-Kranken ein. Die Heilungsquote dieser Maßnahme soll bei rund 70% gelegen haben, was besser ist als alle bisher bekannten Behandlungsmaßnahmen.
Auch die Verstopfung scheint eine „Infektionskrankheit“ zu sein, wie erfolgreiche Behandlungen von Personen mit chronischer Obstipation durch dieselbe Behandlungs-methode nahelegt.
Scandinavische Forscher haben auf diese Erkenntnisse jetzt noch einen draufgesetzt: Es gibt für wissenschaftliche Zwecke einen Mäusestamm, der komplett keimfrei gezüchtet wird. Das heißt, diese Tiere haben keine Darmbakterien.
Man hat nun sehr schlanke und stark übergewichtige Menschen gebeten, eine Stuhlprobe zur Verfügung zu stellen und die Zubereitung dieser Stuhlproben den Mäusen als Einlauf gegeben.
Das Ergebnis ist genauso sensationell wie überraschend: Mäuse, die Stuhl der schlanken Menschen bekamen, wurden sehr schlank, die anderen Mäuse, die Stuhl von Übergewichtigen erhielten, nahmen stark zu. Ist also Übergewicht ebenfalls im weitesten Sinn eine Infektionskrankheit? Und kann eine sogenannte „Stuhltransplantation“ dazu führen, dass Menschen wie von allein Gewicht verlieren? – Fragen, die zur Zeit wissenschaftlich intensiv bearbeitet werden. In jedem Fall ist schon nachgewiesen worden, dass die Zusammensetzung der Darmflora erheblichen Effekt darauf hat, ob jemand ein guter oder schlechter „Futterverwerter“ ist.
Wie immer stellt sich dabei die Frage nach dem Huhn und dem Ei, also passt sich die Darmflora den Ernährungsgewohnheiten an oder umgekehrt? Wir können uns heute schon sehr sicher sein, dass es einen intensiven Informationsaustausch zwischen dem Organismus und den in ihm wohnenden Keimen gibt. Und es deutet sich an, dass über die Modifikation der „Bewohner“ unseres Inneren Krankheiten ausgelöst und aber auch behandelt werden können. Nachdem die „dicken“ Mäuse häufig eine Zuckerkrankheit entwickelten ist sogar denkbar, dass sich hier ein völlig neuer Ansatz zum Verständnis und zur Behandlung von Diabetes ergibt.